Wer Gewaltfreiheit fordert, muss auch gewaltfrei handeln

Wenn ich mich mit Mitmenschen unterhalte, die offensichtlich noch in ihrem Gedankengefängnis festsitzen, der Staat sei die Lösung für ihre Probleme, habe ich einige einfache Taktiken entwickelt, um ein paar Samen für freiheitliche Gedanken zu sähen. Ob eine zarte Pflanze daraus erwächst ist natürlich nicht garantiert, aber auf einen Versuch lasse ich es nur zu gerne ankommen.

Ich habe mir die Frage gestellt, was die Menschen eigentlich dazu treibt, stetig über Politik zu diskutieren und im ewigen Trott zur Wahlurne zu rennen in der Illusion, irgendetwas durch ein Kreuz auf einem Stück Papier ändern zu können. Der Antrieb ist, so denke ich, im Kern bei allen identisch: Die eigene Sicherheit, das eigene Wohlergehen durch „die da oben“ richten zu lassen. Kurzum: Die Verantwortung abzugeben und im Falle des (sicheren) Scheiterns auch gleich einen Sündenbock an der Hand zu haben. Dies wiederholt sich dann alle vier Jahre – irgendein neues Gesicht darf dann ran, die ewigen Wahlversprechen mal wieder nicht einzuhalten. Ein, aus meiner Sicht, allzu durchschaubares Laienschauspiel mit beachtlich viel Publikum.

Nun, wie aber kann eine Diskussion mit einem Politikwähler fruchten? Ich stelle die Frage, ob mein Gegenüber der Meinung ist, dass Gewalt ein probates Mittel zur Konfliktlösung im Alltag darstellt. Die Antwort ist zu 99,99 Prozent vorhersehbar: Nein, Gewalt ist keine Lösung. Aha! Die nächste Frage also direkt zur Untermauerung nachschieben, ob somit Gewalt in jeglicher Situation abzulehnen sei, außer in einem Extremfall wie einer lebensbedrohlichen Situation? Auch hier ist die Antwort klar: Ja, Gewalt ist abzulehnen. Perfekt – hiermit hat sich der Gesprächspartner also schonmal eindeutig von Gewalt distanziert. Nun wird es interessant, denn es folgt die Konfrontation mit dem offensichtlichen Widerspruch, das Gewaltmonopol des Staates zur Konfliktlösung aktiv per politischer Wahl einzufordern. Schließlich fußt jedes noch so kleine Gesetz auf Gewaltandrohung – und in absoluter Konsequenz der Ausführung droht gar der Tod.

Ab diesem Moment wird es spannend! Das Gespräch kann in alle Richtungen laufen. Der Diskussionspartner wird aufgrund des Widerspruches zwischen seiner Äußerung und seiner Handlung emotional werden. Dabei ist es scheinbar eine Typfrage, ob er ab diesem Moment offen für eine Diskussion ist, also auch an einer möglichen Lösung bzw. Alternative, oder ob er in Verteidigungshaltung geht, sich der Realität verweigert. Egal jedoch, wie das Gespräch weitergeht – oder ob es überhaupt weitergeht – einen Denkanstoß wird man ausgelöst haben.

Ich habe in meinem Bekannten- und Freundeskreis ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Dabei bin ich auch nicht unbedingt derart gezielt wie hier beschrieben vorgegangen, da ich mir oft unsicher war, wie ich meine freiheitliche Ansicht einbringen kann. Das ist anfänglich eher holprig und zu emotional geladen gewesen, später jedoch durchaus gelungen mit einfachen, logischen Argumenten und – ganz wichtig – Mitgefühl für das Problem oder die Sorgen des Gegenüber. Im Laufe der letzten Jahre ist jedoch eine Sache ganz deutlich geworden: Eine derartige Diskussion über Chat oder Postings in Sozialen Netzwerken ist quasi zum Scheitern verurteilt. Ein persönliches Gespräch hingegen hat eine deutlich höhere Erfolgsquote – vielleicht nicht unmittelbar, aber dieser eine kleine Moment des Nachdenkens über die eigene Handlung und die (mögliche) Erkenntnis über das ausschließlich auf Gewalt basierende System kann zu einer größeren Pflanze heranwachsen.

Ich habe mir persönlich vorgenommen, keine Missionierung in meinem Umfeld in Sachen Freiheit mehr durchzuführen, wie ich das noch vor einigen Jahren versucht habe. Ich versuche vornehmlich die Freiheit für mich und meine Familie wiederzugewinnen – denn das ist, was zählt. Gerne nehme ich jedoch andere auf dieser Reise mit oder gebe ihnen einen kleinen Anstoß – aber ich respektiere ebenfalls die Freiheit der anderen, in Herrschaft leben zu wollen.

Dieser Artikel erschien erstmalig 2018 auf Steemit.

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